Istanbul, den 21.07.1999

Erstes Rundschreiben an alle Verwandte, Freunde, Sponsoren und Pressevertreter

Die ersten 2855 km in 20 Tagen zum Bosporus gut „überstanden“. Odenwald und Altmühltal der ersten beiden Tage sehr reizvoll. Donau, wie geplant, bis Passau öde, ab da bis Bratislava (SR) o.k.. Ungarn war komplett flach und sehr fruchtreich (viele Obstbäume)-sehr westlich. Strassen und Lebensumstände erst ab Rumänien anders als gewohnt. „Hier begann das Abenteuer.“ Schlechte Strassen, viel Pferdekarrenverkehr (rel. wenig motorisiert), grosse Armut, viele Zigeuner und bettelnde Kinder, die nach „gummi, gummi“-Kaugummi, Zigaretten und Geld fragen: dörfliche Verhältnisse wie in Dtl. Vor ca. 50 Jahren, bloß schmuddeliger (frei gehaltenes Vieh prägen das Straßendorfbild); erste Hundeprobleme (Michael schlug seine Luftpumpe an drei Straßenkötern kaputt-diese wurde jedoch später in der Türkei, in einer sehr netten Radwerkstatt umsonst wieder zusammengeflickt). Die Menschen in Rumänien sind zwar nett, aber der Gegenleistungsgedanke (Photo gegen Zigarette – also nicht…) und Materialgedanke herrschen vor. Zigeuner bei Rumänen (wie eigentlich überall auf der Welt!) als Gesindel und Diebe angesehen. Landschaftlich herausragend: Transilvanien (Siebenbürgen) und Karparten – hatten einen Pass in über 2000m Höhe. Essensangebot spärlich – dafür billig. An der bulgarischen Grenze 5x kontrolliert worden. Bulgarien ähnlich wie Rumänien, aber weniger Zigeuner, Strassen ebenfalls schlecht, Bevölkerung schien uns nicht ganz so arm. Ebenfalls rel. wenig Autoverkehr. Lasten werden zu Fuss, per Rad oder Eselskarren transportiert. Erstes „lesbares Problem“-kyrillische Schrift-gemeistert. Sind zum ersten Mal Eingeladen worden. Die hygienischen Verhältnisse in der häßlichen Plattenbausiedlungswohnung unserer Gastgeber waren schlecht bis katastrophal. Sehr kleine und primitive Wohnung mit nur einer Kochplatte. Trotzdem war unsere Gastfamilie nett und es wurde reichlich aufgetischt.
Überall hingen Kruzifixe und Marienbilder. Wenigstens waren Sie „oberflächlich“ sehr christlich- störend war da eigentlich „nur“ das Hakenkreuztatoo mit Totenkopf auf dem Arm eines der Familienmitglieder !!!!!! Das Wetter war bis einschl. Bulgarien durchwachsen-Sonne, mal Regen, Rückenwind, sowie natürlich Gegenwind. Schlafen meistens wild im Zelt oder unter freiem Himmel. Die Bulgarier sind ebenfalls freundlich und hilfsbereit. Immer wieder trifft man auf Bulgaren, die als Asylanten einige Zeit in Dtl. lebten und etwas deutsch sprechen. Die Landschaft ist Streckenweise sehr schön. Auf den kleinen Landstraße kaum Verkehr. Dorfbild ähnlich wie in Rumänien, allerdings mehr Kuh-, Schweine-, Schaf- und Gänsehirten. Haben an der türkische Grenze über 1 h warten müssen, bis wir passieren konnten. Trafen dort „Wiener Türken“-familie, die mit dem Auto durch Rumänien gefahren sind und dort arge Probleme hatten. Sie wurden wohl permanent von falschen Polizisten und Banditen ausgenommen und dachten mit Schrecken daran zurück – wie gut, dass wir mit dem Rad unterwegs sind und nicht mit einem wertvolleren Auto!!! Die Türken sind mit Abstand die freundlichsten Leute, denen wir bisher auf unserer Reise begegneten-besonders Deutschfreundlich. Landschaftlich wieder anders und schön, bis wir die größeren Str. Richtung Istanbul erreichten. Sehr viel Bus- und LKW-Verkehr, mit schrecklichen und unnötigen Hupanlagen, dafür Strassenbelag nun besser. Hitze ist noch nicht ganz so gross (ca 27C), dafür graut uns ein wenig vor der Fahrt durch die 12 Millionenstadt Istanbul, die nun direkt vor uns liegt. Geniessen zur Zeit die Gastfreundschaft eines befreundeten Türkens und werden mit dem Überschreiten des Bosporus, Asien und damit eines unserer ersten Ziele, erreicht haben. Bei uns ist soweit alles ok, die Stimmung stimmt, die Kraft und Ausdauer ist vorhanden und das Material ist auch in Ordnung.

Kürzlichst ?Michael und Sebastian.

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