2. Rundschreiben an alle Verwandte, Freunde, Sponsoren und Pressevertreter
Nachdem Internet in den GUS Ländern absolut nicht funktioniert hat hier ein zweiter Versuch unsere Erlebnisse ab Istanbul gerafft an euch weiter zu geben: Nachdem wir das Grossstadtübel am Bosporus gut, und vor allem einen Monat vor dem Beben verlassen hatten, ging es ab in den schöneren Teil der Türkei; Anatolien: Zwar ist hier Militärpräsenz unübersehbar (Ständige Posten, hochbewaffnet und Panzer auf der Strasse) – angeblich keine PKK Probleme, sondern nur „for safety“. Öcalan ein heißes Thema, alle Offiziellen und Militärs vertreten die Meinung Ö. sei kein Kurde, sondern nur Terrorist und es gäbe keinen Unterschied zwischen Kurden und Türken. Na ja, das hat uns etwas gewundert. Wir erleben Türkei als sehr aufrichtiges und gastfreundliches Land (in keinem Land so sicher gefühlt und soviel Chai – (Tee) Angebote bekommen).
Wir treffen endlos ehemalige Gastarbeiter und/oder deutsch-türkische Touristen, so daß die Kommunikation hauptsächlich auf deutsch läuft Es ist teilweise bergig und allemal heiß (40 Gräder), aber allg. fahrtechnisch einfach, da auf 2000m Plateau und geniale Wasserquellen. Vorbei am schneebedeckten Berge Ararat, nebst dem wir endlich einmal vom Militär profitieren, indem wir im Grenzort vorm Iran von so einem hohen Tier aufgelesen und eingeladen werden (Melonen-Nachtisch war ganz schnell beendet, als wir nicht sagen wollten, daß man Ö. töten sollte), geht’s in den Iran. Dort gibt es im Vgl. Zur Türkei nicht mehr alles in den Lädchen zu kaufen, dafür Eis und Limo für je 10 Pfennig. Sehr cool! Keine Grenzprobleme. Das Klima und die Landschaft sind schlagartig verändert: Zwar ist Aserbaidschan (Nordwesten des Iran !!!) flach da quasi Wüste , aber gut heiß, so auch die Nächte (einmal 35 Grad heißer Wind die ganze Nacht lang). Das Wasser schmeckt leicht salzig, Igitt, das ist am Kaspischen Meer zum Glück gleich besser, da genug davon, und zwar auch in der Luft: wir haben 2 tage Dauerregen und alles ist nass. Wir gehen täglich 1-2 mal Essen und wechseln uns mit Dünnschiss ab- leider nicht so witzig , aber wahr: wir sind ( spez. Sebastian) etwas Magen-Darm-lädiert, was sich quasi bis dato fortführt. But: we’re alive. Iran ist wie Türkei, bloß etwas extremer: noch mehr noch gastfreundlichere Leute, aber auch ganz wenige „Halunken“ (falscher Polizist, Betrüger etc.). Iran scheint im Umbruch: auf der einen Seite die trad. Gekleidete Damenwelt und der Islam auf der anderen Seite „Emanzipation“ innerhalb der Familie (Männer sagen, Frauen haben zuwenig Rechte) und langsame Verwestlichung (Coca Cola, Mickey M.) Die Sonnenfinsternis erleben wir zwar nicht total, dafür aber total cool am Ende der „Meerstrecke“ (wegen Dunst und Streckenführung leider nur einmal gesehen und drin gebadet) in Babol: Verfolgen die religiös gefeierte Finsternis live und in Glotze von Freunden, wo wir mal wieder ’ne Nacht verwöhnt werden. Wir fahren wieder in Wüstenähnliche Gebiete und „aktivieren“ endlich unsere Gletscherbrillen. In der letzten Irannacht heulen die Wölfe uns in den Schlaf und wir liegen in absolut grandioser Grand-Canyon- Landschaft. Grenze nach Turkmenistan zwar nicht besonders problematisch, jedoch bietet sie ersten Einblick in den kaputten, Müßiggängerrischen und korrupten ex Rußland Beamtenapparat.
In Ashgabat erstes „Carepaket“ mit Ersatzteilen erfolgreich erhalten und alte Test reifen teuer zurückgeschickt und mit neuen Reifen gleich auf Pechtour: am Morgen nach der ersten Nacht griff uns das turkmenische Grenzmilitär auf, weil wir zwecks Platten durch ordinäre nicht schnell genug aus dem Grenzstreifen, in dem wir schliefen, entkommen konnten (wir dachten der Schützengraben sei eine neue Pipeline im Bau) Naja beim Scheffe gabs dann Tee, nachdem er unsere dt. Saubermänner Passportes gesehen hat und wir bekommen, wie auch in Uzbekistan, grünen Tee, in Turkm. Mit Bonbons gesüsst. Bis kurz vor Uzb. Tödlich langweilig und die Landschaft – eine Art Tiefpunkt auf der Reise erreicht… – geht’s ab in die erste richtige Dünenwüste: Karakum, kurz und knackig. Hier auch die ersten Kamele/Dromedare gesehen-hehe, da kommt Seidenstrassen-Feeling auf!
An Grenze zu Uzbekistan definitiv noch mehr Geschiß als erwartet, wieder Gewarte („der Stempelmann ist gerade beim Essen“), aber eigentlich kein Problem. Uzb. DIE Enttäuschung schlechthin: Zwar sind Buchara und Samarkant echt nette Städtchen, mit einmaligen Moscheen etc., jedoch ist der komplette Rest der Strecke tötendend langweilig (alles künstlich bewässerte Baumwollplantagen) und schwül, zumal wir in Samarkand an keine Sehenswürdigkeit herankamen, da der blöde Präsident und ein Festival alles blockierten. A propos: Uzbekistan ist ein ätzender Polizeistaat, in dem man z.T. alle 5 km von der Verkehrspolizei angehalten wird und berichten muß, woher man kommt, etc. Wir bekommen langsam eine Uniformaversion, da ehrlich jeder in einer solchen seine Macht mißbraucht uns zu stoppen. Die dt. Botschaft in Tashkent zeigte sich im Vgl. zu der Ashgabater sehr hilfreich und entgegenkommende (teure Telefonate, Diplomatenpostservice). Auf nicht fertiger Gebirgsstraße verliert Michael das Stativ und die Zeltstangen, die wir als einzige wieder finden und provisorisch reparieren können- zich Lkws drübergebrettert). Die angeblich wg. Tadschikischer Rebellenaktion (die vier jap. Geologen z.B.) gesperrte Granitza (langsam eignen wir uns Russischvokabeln an – das „Englisch “ des ehem. Ostblocks) nach Kirkisistan passieren wir ebenfalls heil und erleben bald die ersten Abenteuer im Himmelsgebirge, Tien-Shan: die Hauptstraße, die wir nehmen (wollten eigentlich direkteren Weg über Sträßchen nehmen) bestehen aus z.T. super-üblen Grobschotter-Pisten, mit saftigen Steigungen, speziell da , wo von Planierraupe provisorische Umgehung geschaffen wurde, da der weg verschüttet wurde. Wir müssen über Stock &Stein und durch Flüsse tragen und erkämpfen die 3000 er Pässeð ein echter Test für die Bikes, den sie absolut gut absolviert haben, das waren echte Mountainbike Ansprüche, nicht Tourenrad. Wir sind leider gesundheitlich nicht ganz auf der Höhe und können es uns auch zeitlich nicht leisten etwas von dem wild und in Massen wachsenden Cannabis zu probieren.. Wir haben ziemlich ätzenden Zeitstress, wegen der chin. Grenze, für die wir ein gefixtes Date haben, an dem CITS, das Chin.
Zentralreisebüro uns mit dem Jeep abholen wird und durch das verbotene Gebiet nach Kashgar bringen wird- reine Touri-Abzockerei: 225 US Dollar. Nachdem wir in Kirg. Dann aber die absolut einmalige Landschaft von Asphaltstraßen aus bewundern durften, an die wir gar nicht mehr zu träumen gewagt haben, bleibt uns sogar noch ein Tag vor der chin. Grenze auf 3500 Meter rumzugammeln und einen kompletten Tag nicht zu fahren (nun das 2. Mal nach 71 tagen und rund 9000 Km) Wir liegen vor einer eisenhaltigen Mineralwasserquelle mitten im Nichts, umgeben von fast 6000 m hohen Gletschergipfeln und fühlen uns gerade in der Sonne warm genug nicht alle Kleiderregister gegen die Kälte zu ziehen: nachts gefrieren die Radflaschen; Wir lernen hier 2 dt. Pärchen kennen, die eine rechte Trödel../tour ab Dt. machen und mit denen wir uns eigentlich nicht so gut verstehen. Da sie aber am gleichen Tag das CITS-Date haben beginnt unser gemeinsamer Leidensweg: statt dem uns schriftlich versprochenen „Landcruiser“, in dem wir 2 MIT unseren 2 Rädern hätten sitzen sollen, kommen alle 6 Räder auf einen anderen Kleinlastwagen, der auch als Gepäcktransport für andere Reisegruppen dient, und wir fahren in einem VW (-> China’s lieber VOLKSwagen) „Santana“ die 170 km nach Kashgar, nachdem es absolut keine Möglichkeit gab selbst zu fahren, was uns nat. gewaltig stinkt. Noch viel schlimmer ist, daß der Rücksichtslose Fahrer die Räder nach dem ersten Checkpoint bei km 6 bis zum 2. bei km 100 einfach übereinander und ungesichert gelagert, die Rumpelstrecke transportiert hatte (eine Naturkatastrophe hat alles kaputt gemacht und die Straße war echt schlecht) Alle 6 Räder sind unterschiedlich schwer beschädigt , von verbogenen und angerissenen Gepäckträger & Lackschäden bei Michael bis hin zu fast Totalschäden bei Sebastian: eingedellte Gabel und Rahmen (!!!), Steuerrohr und Zughüllen VOELLIG aufgerieben (wie mit einer Feile) und alles verbogen. SCHEISSE. Das sind etwas1400 Mark Sachschaden, davon abgesehen, das eigentlich das ganze Rad entwertet ist, und alles was man sich da so ersponsort hatte kaputt ist. Für die nächsten km der Tour (noch etwa 4600 km und etwa 40 Tage) natürlich schlecht. CITS sieht zwar gewissermaßen ein, daß sie dran schuld sind (Chin. Schweigen), will aber von Schadensersatz in Dollern bzw. Versandersatz nichts wissen. Hatten heute mit dem Chef ein date, aber die haben sich alle wieder auf unkooperativ gestellt, bzw. behaupten das von uns, weil wir mit ihrem Vorschlag die Schäden von einem Lokalen Händler “ reparieren “ zu lassen, nicht zufrieden sind. Bei dem “ Spezialisten“ waren wir. Ein Witz natürlich, der noch nie ein Mtbike gesehen hat, so daß wir uns auf Montag, den 13. zurückziehen und uns bei Botschaft etc. nach unseren Rechten erkundigen. Anklagen ist wohl nicht drin und jetzt werden wir versuchen, wenigstens nicht die 225 Dollar zu zahlen, ohne des Landes Verwiesen zu werden (staatl. Reisebüro…) Große Scheiße,Leute!! Aber gewissermaßen haben wir in diesen Stunden resigniert! Wir sind in China; Kategorie „Schicksalsschlag“. Wenn sowas in Dt. passieren würde…
Wir hoffen, vielleicht von VOR Peking noch mal was besseres berichten zu können, bis dann
Sebastian & Michael